Pflichten von Individuen und Gruppen bei der Behebung gravierender Übel

Habilitation: Sommersemester 2006
Publikation: Individuelle oder gemeinsame Verpflichtung, Paderborn 2009 (Mentis)

Die Habilitationsschrift untersucht anhand eines Modellfalls gravierender Übel (damit gemeint sind existentielle Notlagen, von denen viele Personen betroffen sind), wer in welchem Ausmaß zur Übelbehebung verpflichtet ist. Im ersten Teil wird argumentiert, dass Individuen als Pflichtadressaten erhebliche Leistungen zu erbringen hätten. Dies gilt weitgehend unabhängig von der vertretenen Moralkonzeption, soweit diese gewissen Adäquatheitsbedingungen genügt. Überforderungseinwände verschiedener Art (Überlastung, Unzumutbarkeit) können das Ausmaß der Verpflichtung nicht herabstufen. Allerdings entsteht, sofern Individuen als Pflichtadressaten angesehen werden, ein Koordinationsproblem: Das insgesamt beste Resultat wird unter Umständen verfehlt. Dies – und nicht etwa die hohe Belastung – rechtfertigt es, die Übelbehebung als gemeinsame Verpflichtung anzusehen. Da, wie im zweiten Teil der Arbeit gezeigt wird, kollektive Entitäten keine eigenständigen Pflichtadressaten sind, kann eine gemeinsame Verpflichtung jedoch nur meinen, dass Personen qua Gruppenmitglieder angesprochen werden. Dennoch ergeben sich aus einer solchen Konzeption angesichts gravierender Übel anders geartete, sachlich adäquate Pflichtinhalte - sowie bei Vorliegen geeigneter Bedingungen für ein gemeinsames Vorgehen auch eine Reduzierung des Pflichtausmaßes.