Melanie Spangehl

Der Profit der Moral. Über das Versöhnungsprojekt zwischen Moralität und Wohlergehen

Seit 2020 bin ich Doktorandin der Philosophie an der Universität Konstanz. Meine Dissertation wird von Prof. Dr. Jacob Rosenthal betreut und durch ein Stipendium der Landesgraduiertenförderung (Baden-Württemberg) gefördert. Mein Forschungsschwerpunkt ist im Bereich der Ethik und Moralphilosophie angesiedelt.

In meiner Bachelorarbeit (2016) habe ich Nietzsches Einwände gegen Arthur Schopenhauers Mitleidsethik kritisch diskutiert und als Missverständnisse zurückgewiesen. In meiner Masterarbeit (2019) untersuchte ich in einer vergleichenden Analyse, ob sich mit Platons prudentiellem oder Kants nicht-prudentiellem Rationalitätsbegriff die Irrationalität des Unrechttuns im Verborgenen belegen ließe. Für beide Abschlüsse erhielt ich den VEUK-Preis. Da mir Platons Ansatz im Endeffekt vielversprechender erschien, habe ich beschlossen, diese Argumentationslinie in meiner Promotion weiter zu verfolgen.

Mein Dissertationsprojekt widmet sich einer speziellen Version der Moralbegründung, die als das sogenannte „Versöhnungsprojekt“ zwischen Moralität und eigenem Wohlergehen bekannt ist. Beim Versöhnungsprojekt soll erfolgreich dafür argumentiert werden, dass das wohlreflektierte Eigeninteresse empfiehlt, moralisch zu sein und Moralität gegenüber Immoralität zu bevorzugen. Diese Aufgabe ist als die Suche nach dem Heiligen Gral der Moralphilosophie bezeichnet worden und meines Erachtens ist das nicht übertrieben.

In meiner Arbeit verfolge ich zwei Ziele: (1) Ein Teil besteht aus einer historisch angelegten Analyse zu drei verschiedenen Ansätzen eines Versöhnungsprojektes, die ursprünglich aus Mills Utilitarismus, Hobbes’ Kontraktualismus und Aristoteles’ Tugendethik stammen und sich jeweils auf eine der drei prominenten Theorien des Wohlergehens gründen: Hedonismus, Wunscherfüllungstheorie, Eudämonismus. Der Zweck dieses Teils ist zu analysieren, ob zeitgenössische Versionen dieser Ansätze dem Argumentationsziel des Versöhnungsprojektes gerecht werden können. (2) In einem weiteren systematisch angelegten Teil argumentiere ich, dass eigenes Wohlergehen nicht sinnvoll als Prozess der Maximierung verstanden werden kann, sondern paradoxerweise eine Akzeptanz von Einbußen des Eigenwohls verlangt. Da Moralität im Gegensatz zu Immoralität eine solche Akzeptanz beinhaltet, ist das Moralisch-Sein essentiell für das eigene Wohlergehen.

Meine weiteren Arbeitsgebiete und Forschungsinteressen liegen in der Geschichte der Philosophie, der antiken Philosophie und in der Religionsphilosophie. Im Rahmen einer philosophisch-theologischen Akademie habe ich auf Schloss Neuhaus in Gais (Südtirol) Vorträge zu den Themen „Gott und Zeit bei William L. Craig“ (2016) und „John Hick - Gott hat viele Namen“ (2017) gehalten. Ferner habe ich in der Konstanzer Vortragsreihe „Early Lunch Philosophy“ zum Thema „Kants Pflichten gegen sich selbst und der Einwand der beliebigen Entpflichtung“ (2019) vorgetragen.