Das Bewusstsein erklären

[= Unterprojekt 3 des Teilprojekts 1 im Zentrum VIII „Intentionalität“, 2001–2005]

Projektleiter: Prof. Dr. Gottfried Seebaß
Projektbearbeiter: Michael Schmitz, M.A.

In der Dissertation, die aus diesem Projekt hervorgegangen ist, wird die These vertreten, dass das Leib-Seele-Problem vor dem Hintergrund der Elimination der manifesten physischen Welt in der Neuzeit entsteht und die einzig befriedigende Reaktion darauf letztlich nur sein kann, diese Elimination wieder rückgängig zu machen und das Problem damit aufzulösen. Verschiedene materialistische und dualistische Reaktionen auf dieses Problem werden als unzulänglich erwiesen. Sie sind nur verschiedene Formen des ontologischen Fundamentalismus, Physikfundamentalismus und Bewusstseinsfundamentalismus, die zu letztlich sinnlosen metaphysischen Konstruktionen gezwungen sind. Die Tatsache, dass die gesamte raumzeitliche Welt eine physikalische Mikrostruktur hat, ist mit einem naiven Realismus sowohl in Bezug auf die manifeste physische Welt als auch in Bezug auf das Bewusstsein vereinbar. Wir müssen nur beiden eine physikalische Mikrostruktur zuschreiben, ohne sie mit dieser Mikrostruktur zu identifizieren. Nach einer Einleitung, in der die Elimination der manifesten physischen Welt in der Neuzeit als der metaphysische Hintergrund des Leib-Seele-Problems identifiziert und die dilemmatische Ausgangsituation, die dadurch entsteht mitsamt den typischen Reaktionen darauf beschrieben wird, klärt das erste Kapitel kurz, was Bewusstsein ist. Im zweiten Kapitel werden einige gängige Formulierungen des Bewusstseinsrätsels vorgestellt. Es wird gezeigt, dass diese sich nicht in eine wirklich beantwortbare Frage transformieren lassen. Die Vorstellung, dass sich andere Makrophänomene wesentlich besser oder sogar in völlig transparenter Weise erklären lassen, ist eine Illusion, ein Artefakt der stillschweigenden Elimination der manifesten Welt. Im dritten Kapitel wird die These, dass das Bewusstsein räumliche Eigenschaften hat, gegen verschiedene Formen der Skepsis verteidigt. Im vierten Kapitel werden sprachphilosophische Positionen zu Identitätsaussagen diskutiert. Es wird die These verteidigt, dass die Vorstellung informativer Identitätsaussagen sinnlos ist. Auf dieser Grundlage wird im fünften Kapitel die Vorstellung empirisch gehaltvoller so genannter wissenschaftlichen Identifikationen einschließlich der Vorstellung einer Identifikation von Bewusstseinsphänomenen mit ihren neuronalen Korrelaten kritisiert. Im sechsten Kapitel wird gezeigt, dass sich das Problem mentaler Verursachung lösen oder auflösen lässt, wenn man Bewusstseinsphänomenen eine physiologische und letztlich auch physikalische Mikrostruktur zuschreibt.

Michael Schmitz: Das Bewusstsein erklären, Diss. Konstanz 2005