Formal Epistemology

Emmy-Noether-Forschergruppe

Das Forschungsvorhaben „Formal Epistemology“ besteht aus vier Teilprojekten und ist methodisch der formalen Erkenntnistheorie zuzuordnen. Inhaltlich möchte es sowohl Themen der traditionellen Erkenntnistheorie des Wissens als auch der modernen Erkenntnistheorie des Glaubens behandeln.

Eines der zentralen Themengebiete der traditionelle Erkenntnistheorie des Wissens ist die dreiteilige Definition von Wissen als wahrem und gerechtfertigtem Glauben.

Das Projekt „Justification“ widmet sich dem Rechtfertigungsteil in dieser Definition. Eine der zu behandelnden Fragen lautet, wer denn eigentlich gerechtfertigt ist? Die für wahr gehaltene Proposition; die diese Proposition für wahr haltende Person; oder aber die von dieser Person für den Informationserwerb verwendete Lernmethode? Hier soll über die Kohärenztheorien der Rechtfertigung hinausgegangen und Einsichten der formalen Lerntheorie berücksichtigt werden.

Demgegenüber nimmt das Projekt „Knowledge“ den Wissensbegriff als erkenntnistheoretisch basal an und analysiert mit diesem den Begriff der Rechtfertigung.

Historisch gesehen haben die Projekte „Belief“ und „Degrees of Belief“ ihre Wurzeln in den Werken von Hintikka beziehungsweise Ramsey. Heute werden sowohl die epistemische Logik als auch die Theorie der Glaubensgrade in erster Linie in der Künstlichen Intelligenz vorangetrieben. Von philosophischem Interesse ist unter anderem die These von Locke, die eine einfache Beziehung zwischen kategorischem ja-oder-nein Glauben einerseits und quantitativen Glaubensgraden andererseits beschreibt: Kategorischer Glaube besteht in hinreichend hohem Glaubensgrad.

Weiters stellt sich die Frage nach der Rechtfertigung der verschiedenen Glaubensgradtheorien: Warum sollen die Glaubensgrade einer rationalen Person gerade diesen ­ und nicht irgendwelchen anderen ­ Gesetzen gehorchen? Doch weder gibt es eine Theorie der Glaubensgrade, die einen vernünftigen Begriff des kategorischen Glaubens definiert und die Lockesche These erfüllt; noch gibt es eine, die sich einer sakrosankten Rechtfertigung rühmen kann.