Was lernt man im Philosophie-Studium?

In der Philosophie geht es um Fragen, die uns als Menschen in besonders grundlegender Weise angehen. Was ist Wissen? Was ist Wahrheit? Was ist Zeit? Was ist Wissenschaft und was Pseudowissenschaft? Was ist gut, was schlecht, und warum? Warum ist das Schöne schön, und ist es auch schön, wenn keiner hinsieht? Was ist möglich, und was ist unmöglich? Sind wir frei zu handeln wie wir wollen, und können wir wollen, was wir wollen? Tragen wir Verantwortung für unser Handeln? Und wie gehen wir am besten mit dieser Verantwortung um?

Es gibt kaum philosophisches Schulbuchwissen. So werden Sie in Ihrem Philosophiestudium nur wenig auswendig lernen, dafür aber Ihre Fähigkeit zum eigenen, präzisen und analytischen Denken schulen. Ein klarer und strukturierter Umgang mit Texten sowie das kritische Bewerten von Argumenten sind ebenso unabdingbar für gutes Philosophieren wie Kreativität und Eigenständigkeit. Sie sind aufgefordert, grundlegende Fragen zu stellen und bestehende Theorien und Positionen immer wieder in ihren Fundamenten zu prüfen.

Philosophische Texte

Die Texte, die im Philosophiestudium gelesen werden, sind oft alles andere als einfach. Sie widersetzen sich dem schnellen Verständnis und die Beschäftigung mit ihnen erfordert Geduld und Beharrlichkeit. Durch einen Blick in die folgenden Texte können Sie hiervon einen ersten Eindruck gewinnen.

Aristoteles, Auszug aus der Nikomachischen Ethik
Kant, KrV, Einleitung B

Wir geben Ihnen den Text der Kritik der reinen Vernunft hier in der Seitenzählung der Akademie-Ausgabe wieder; der Text wird auf korpora.org frei zur Verfügung gestellt. Im wissenschaftlichen Betrieb ist es üblich, die Kritik der reinen Vernunftnach der Original-Seitenzählung der ersten Ausgabe von 1781 (A) bzw. der zweiten Ausgabe von 1787 (B) zu zitieren. Die hier wiedergegebene Einleitung der zweiten Auflage hat die Seitenzählung B43-89.

Gottlob Frege, Über Sinn und Bedeutung

Thomas Müller (Professor am Fachbereich):

ein Professor

Ich bin froh, nach vielen Jahren im Ausland hier am Konstanzer Fachbereich angekommen zu sein, dessen kollegiale Atmosphäre ich sehr schätze. Nachdem ich eine ganze Weile lang zwischen den Naturwissenschaften und der Philosophie hin und her geschwankt war, hat bei mir letztlich das Interesse an den Grundlagenfragen überwogen. In meiner Forschung kann ich nun zum Teil doch beide Zugänge verbinden, und das finde ich spannend. Dem amerikanischen Philosophen Wilfrid Sellars zufolge besteht die Aufgabe der Philosophie vor allem darin, zwei Bilder vom Menschen – ein alltägliches, lebensweltliches und ein demgegenüber externes, naturwissenschaftliches – miteinander zur Deckung zu bringen. Wie das gehen soll, ist eine Frage, an der sich abzuarbeiten sich lohnt; die Philosophie muss sich stets auch ihrer Methoden neu vergewissern. Mir jedenfalls erschließen sich viele philosophische Fragen besonders gut vor dem Hintergrund der Idee dieser zwei Bilder, etwa die Frage, wie wir als biologische Wesen absichtsvoll und aus Gründen handeln können. Diese Frage spricht beide Bilder an. Eine redliche Antwort auf sie muss dem Rechnung tragen, darf also keines der Bilder ignorieren. Wie aber lässt man beide Bilder in ihrem Recht, ohne in neurowissenschaftlichen Szientismus oder in philosophisches Geraune zu verfallen? Es bleibt schwierig. Machen Sie mit!


Dina Emundts (ehem. Professorin am Fachbereich):

eine Professorin

Wer Philosophie studieren will, sollte sich für philosophische Themen, Fragen und Texte interessieren und die Bereitschaft und Konzentrationskraft mitbringen, sich mit diesen lang und intensiv auseinanderzusetzen und sie zu diskutieren. In Konstanz kann man das in meinen Augen besonders gut, weil die Atmosphäre sehr gut und konstruktiv ist, eine große Freude an der Auseinandersetzung  miteinander da ist und viele verschiedene Philosophinnen und Philosophen aus der Geschichte der Philosophie und Gegenwart behandelt werden.


Verena Wagner (Mitarbeiterin am Fachbereich):

eine wissenschaftliche Mitarbeiterin

Das Schöne an der Philosophie ist, dass es in der Sache keine Hierarchien gibt. Es zählen die Argumente, die man für eine These vorbringen kann, und manchmal reicht schon ein einziges Gegenbeispiel aus, um festgeglaubte Lehrmeinungen und anerkannte Theorien zu zerstören. Das macht die philosophische Technik zu einem universell einsetzbaren Werkzeug, das nicht an bestimmte Inhalte gebunden ist. Philosophie betreiben heißt nicht zuletzt, die eigenen analytischen Fähigkeiten auszubauen, die wichtigen Fragen zu erkennen und sich im Idealfall einer Antwort schrittweise zu nähern. Wie man dazu kommt, gute oder sogar die besseren Argumente zu haben, die richtigen Fragen zu stellen und analytisch zu denken, das lernt man im Philosophiestudium. Besonders gut kann das an der Uni Konstanz erlernt werden, weil hier viele gute Leute aus der Forschung arbeiten und man besonderen Wert darauf legt, in Kontakt zu den Studierenden zu sein.